Gezielte Rekrutierung: Auswahl und Verfahren

Für Aufsichtsratsmandate gibt es keine gesetzliche Ausschreibungspflicht. Häufig werden sie von der Hauptversammlung gewählt bzw. bestätigt oder vom Eigentümer entsandt. Wie die Maßnahmenbeispiele in den anderen Handlungsfeldern ebenso zeigen wie Erkenntnisse der Forschung ist ein klares Anforderungsprofil sowohl für das Gesamtgremium als auch die einzelnen Mandate hilfreich, um tatsächlich die am besten geeigneten Bewerberinnen und Bewerber auf Basis von Qualifikationen und Kompetenzen auswählen zu können.

Der Rechnungshof sieht (für staatsnahe Unternehmen) folgende Grundsätze als erforderlich für einen objektiven, tranpsparenten, definierten und nachvollziehbaren Prozess für die Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten an (Rechnungshof 2022, Reihe Bund 2022/11):

  • Erhebung des konkreten Bedarfs an Kompetenzen, um eine dem Unternehmen
  • adäquate Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu gewährleisten,
  • Erstellen eines Anforderungsprofils, aufbauend auf der Kompetenz–Bedarfserhebung,
  • Beurteilung der Kandidatinnen und Kandidaten für Aufsichtsratsfunktionen hinsichtlich
    • fachlicher Qualifikation, insbesondere Ausbildung und Kenntnisse,
    • beruflicher Vorerfahrung sowie
    • persönlicher Eignung, insbesondere im Zusammenhang mit Rollen– und Interessenkonflikten oder Unvereinbarkeiten, der maximalen individuellen Mandatszahl, der geforderten strafrechtlichen Unbescholtenheit oder von Bestellungsverboten,
  • Berücksichtigung von Diversität. 

TippTipp

Unternehmenssimulation

Für die konkrete Umsetzung in Unternehmen wurde die Simulation "Choose your Board" von der WU Wien im Rahmen des EU-kofinanzierten Projekts "Women are Top" entwickelt. Sie steht online zur Verfügung und dient zur Reflexion der Nominierungsprozesse.

Im Teilprojekt der Wirtschaftsuniversität Wien wurde der Prototyp eines computerbasierten Unternehmensplanspiels entwickelt, das eine Aufsichtsratsbeschickung simuliert. Es stellt ein Trainingstool für potentiell nominierende Personen dar, indem es das Suchverhalten und nachfolgend die Evaluierung der potentiellen Kandidatinnen und Kandidaten sowie den am Ende der Simulation zusammengesetzten Aufsichtsrat analysiert und darauf aufbauend den Spielenden eine fundierte Rückmeldung zum Nominierungsprozess gibt.

Im Zentrum der Simulation steht somit der Nominierungsprozess an sich. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Analyse der von den Spielenden gewählten Such- und Auswahlprozesse, sowie auf der konkreten Nominierungsentscheidung und deren Begründung. Durch das Einnehmen einer aktiven Rolle in der Aufsichtsratsbesetzung und der darauf folgenden Analyse des Spielverhaltens wird den Spielenden eine Reflektion ihres Entscheidungsverhaltens ermöglicht. Die Auswertung und entsprechende Rückmeldung am Ende der Simulation führen idealerweise im Sinne eines Managementtrainings zu einem individuellen Lerneffekt, der in zukünftigen Besetzungsentscheidungen zum Tragen kommen kann.

Die grundlegenden Spielannahmen der Simulation umfassen zum einen den Ablauf eines idealtypischen Nominierungsprozesses, sowie die idealtypische Zusammensetzung eines Aufsichtsrats. Diese wurden aus den juristischen Rahmenbedingungen, wie auch internationalen Studien abgeleitet. Zum anderen liegen der Simulation Annahmen über die tatsächliche Nominierungspraxis in Österreich zugrunde. Diese wurden aus den Erkenntnissen einer im Rahmen des Projekts durchgeführten explorativen Studie zu Nominierungsprozessen in Österreich gewonnen.

Zur Simulation

TippTipp

Datenbank für Aufsichtsrätinnen

Die Aussage von Unternehmen "wir finden keine qualifizierten Frauen" ist weiterhin noch häufig anzutreffen. Die Datenbank Aufsichtsrätinnen der Wirtschaftskammer bietet hierzu eine Hilfestellung: mehr als 800 qualifizierte Kandidatinnen für Aufsichtsratspositionen sind hier gelistet. Bei insgesamt rund 1.700 Aufsichtsratsmandaten in den 200 umsatzstärksten Unternehmen genug, um die 40-Prozent-Marke zu knacken.

Aufsichtsrätinnendatenbank Suche (Zukunft.Frauen – Das Führungskräfteprogramm)

TippTipp

Sparringprojekt für Aufsichtsrätinnen

Das Programm "Netzwerk Aufsichtsrat" ist eine Initiative der Industriellenvereinigung und ABZ*Austria und richtet sich an erfahrene weibliche Führungskräfte mit Ambitionen in den nächsten Jahren eine Aufsichtsratsposition zu übernehmen. Die Kandidatinnen können dabei in einem Tandem mit einer Sparringpartnerin bzw. einem Sparringpartner mit bereits mehreren Aufsichtsratsmandaten die nächsten Schritte definieren und reflektieren.

IV-Sparringprogramm Netzwerk Aufsichtsrat: Ausschreibung 2023/24 (PDF)