Frauen im Aufsichtsrat: Handlungsfelder für Unternehmen
Für einige Unternehmen bestehen bereits gesetzliche oder verbindliche Zielwerte für die Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat, für andere Unternehmen gelten zumindest Berichtspflichten zu aktuellen Anteilen und geplanten Maßnahmen (siehe Der gesetzliche Rahmen auf einen Blick). Neben diesen Vorgaben sind es auch wirtschaftliche Argumente, die für eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern in Aufsichtsgremien sprechen, die nicht zuletzt auch eine Ausweitung des Pools der am besten geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten erlauben.
Aus der explorativen Studie der WU im Rahmen des EU-Projekts Women are Top und zahlreichen internationalen Studien ging 2015 hervor, dass einige Faktoren Bemühungen um die Erhöhung der Frauenanteile in Aufsichtsräten behindern:
- Zum einen unterstellen bisherige Programme zur Förderung von Frauen in Führungspositionen (spezifische Trainingslehrgänge, Mentoringprogramme oder ähnliches), es gäbe ein Qualifikations- oder Persönlichkeitsdefizit bei den Frauen, das es zu dezimieren gilt.
- Zum anderen wird allgemein davon ausgegangen, dass die Suche und Bestellung von Toppositionen ausschließlich auf Basis von Qualifikation, deren Feststellung und Sichtbarkeit passiert.
- Im Gegensatz dazu stellt sich heraus, dass die Feststellung von Qualifikation nicht einfach und objektiv stattfinden kann, sondern etwa die Frage nach Führungserfahrung einen großen Interpretationsspielraum lässt. Darüber hinaus ist Sichtbarkeit von Qualifikation nicht etwa durch das Aufscheinen in einer Datenbank abgedeckt, sondern vielmehr durch persönliche Bekanntschaft in relevanten sozialen Netzwerken.
- Durch diese Diskrepanz zwischen bisherigen Maßnahmen zur Frauenförderung und eigentlichen Ursachen für die Unterrepräsentanz von Frauen in Toppositionen, kommt es zu nur mäßigen Erfolgen.
- Aus wissenschaftlicher Sicht verhindern vor allem soziale Dynamiken wie subtile und indirekte Diskriminierungen, Konkurrenzdenken, Machtspiele und strategisches Verhalten den gleichberechtigten Zugang zu entsprechenden Entscheidungspositionen. Es muss folglich davon ausgegangen werden, dass die vorherrschenden Rekrutierungs- und Beförderungspraktiken und -prozesse in Unternehmen und nicht etwa die Defizite der Frauen den Status quo perpetuieren.
Daher müssen die Personen, die mit der Rekrutierung bzw. Beförderung in Top Management Positionen betraut sind und daher zur aktuellen Geschlechtersegregation in Führungsebenen beitragen, in den Blick genommen werden. In diesem Sinne setzte das Projekt mit der Online Simulation an der Sichtbarmachung subtiler und indirekter Ausschließungsmechanismen in Entscheidungssituationen an.